Gedanken zum staatlichen Bildungsauftrag, Auftrag an die öffentliche Medien einmal radikal neu gedacht.
Auf dem Internetauftritt der ARD findet sich zur Legitimation des Öffentlich Rechtlichen Rundfunks folgendes Statement:
„Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat den verfassungsrechtlich vorgegebenen Auftrag, einen Beitrag zur individuellen und öffentlichen Meinungsbildung zu leisten und so zu einem funktionierenden demokratischen Gemeinwesen beizutragen.
[…]
Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ergibt sich aus dem Grundgesetz, er ist darüber hinaus unter anderem im Rundfunkstaatsvertrag gesetzlich festgeschrieben. Danach soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit seinen Programmangeboten „zur Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung einen Beitrag zur Sicherung der Meinungsvielfalt und somit zur öffentlichen Meinungsbildung“ leisten. Grundversorgung meint, dass ein flächendeckender Empfang von Rundfunk für die Allgemeinheit genauso gewährleistet sein muss wie ein vielfältiges Programmangebot.“ (Quelle)
So weit, so gut.
Völlig verständlich und sicher legitim, ist der Grundgedanke. Damit sich Bürger, die in einer Demokratie die Regierung wählen, politisch bilden können, benötigt es ein neutrales Angebot, eine seriöse Quelle von Informationen, aus der ein solides Weltbild erwachsen kann. Inwieweit dafür aber ein „vielfältiges Programmangebot“ benötigt wird und was man darunter versteht, ist hingegen fraglich.
Technisch hat sich seit beginn der Radio- und Fernsehentwicklung viel getan. Die Vernetzung durch das Internet hat eine völlig neue Infrastruktur geschaffen, weg von wenigen Sendern und einer Masse an Empfängern, hin zu einer dezentralen Plattform mit Interatktionsmöglichkeit für alle.
Dementsprechend verändert hat sich auch das Bildungsangebot. Wollte man früher mit jemand flüchtig Bekanntem in Kontakt treten, ging man zuerst zur Post, suchte an einem riesigen Tisch aus Telefonbüchern den gewünschten Ort heraus und mit etwas Glück fand man die gesuchte Person, so dass man zumindest Telefonisch in Kontakt treten konnte. Heute geschehen Vernetzungen weitweit über Soicial-Media-Anwendungen beinahe passiv.
Während man früher zur Unterhaltung auf einen Sendetermin warten musste, um die nächste Folge einer Serie oder ein Hörspiel zu konsumieren, sind derartige Angebote heute rund um die Uhr als Streams verfügbar.
Nicht anders hat sich die Recherche zu aktuellen Themen verändert. Man benötigt keine ellenlange Enzyklopädie, um sich einen Überblick zu einem Thema zu verschaffen, und kaum wer besucht zur Forschung noch große Bibliotheken oder lässt sich Zeitschriften aus aller Welt zuschicken, wenn er ein Thema vertiefen möchte.
Alle diese Bereiche, und viele mehr, berühren den von der ARD genanten Aspekt der „Information, Bildung, Beratung, Kultur und Unterhaltung“. Wäre es da nicht sinnvoll, gerade hier den Schwerpunkt der staatlichen Medienarbeit zu verankern?
Bei einem Budget von grob acht Milliarden EUR jährlich durch Rundfunkgebühren, sollte es möglich sein die immer wieder bedauerte fehlende Anschlussfähigkeit Deutschlands an internationale Standards auszugleichen. Ich möchte dazu ein paar Ideen einwerfen, die zeigen, wohin ein allgemeiner staatlicher Bildungsauftrag auch führen könnte.
1. Lexikon
Mittlerweile hat sich die Wikipedia als erstes Nachschlagewerk für fast alle Belange etabliert. Dennoch wächst die Kritik an der Besetzung von Administratoren, die Zahl veralteter oder tendenziöser Artikel hat ein mittlerweile häufig diskutiertes Maß erreicht, insbesondere in politischen oder geisteswissenschaftlichen Bereichen.
Wäre es nicht sinnvoll, eine zweite lexikalische Präsenz zu schaffen, vielleicht erst einmal auf Basis schon vorhandener Projekte, wie dem „Brockhaus“? Man könnte Synergien mit der Forschung an Universitäten nutzen, so dass Arbeiten mit Summa cum Laude grundsätzlich ein Exzerpt als Artikel bereitstellen müssten. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft.
2. Kartendienste
Warum verlassen wir uns alle auf Google-Maps? Weil der Kartendienst ein unschlagbares Preis-Leistungs-Verhältnis bietet. Eigentlich aber sollte das Straßenverkehrsamt über weitaus besser Informationen verfügen. Auch hier sollte man sich die Frage stellen, ob Kartenmaterial nicht aus erster Hand für die Öffentlichkeit freigegeben werden kann, um nicht von einem großen privaten Anbieter abhängig zu sein.
3. Suchmaschine
Wo wir schon bei der großen Marke für Internet-Suchdienste sind, nach der sogar ein eigenes Wort den Sprachschatz erweitert, wenn wir heute selbstverständlich von „googlen“ sprechen, sollte auch hier die Frage erlaubt sein: Wollen wir in unseren Suchergebnissen von den marktwirtschaftlichen Interessen einer einzigen Firma abhängig sein? Hätte nicht auch im Rahmen des Rundfunkstaatsvertrages die Bereitstellung einer effektiven Suchmaschine einen sinnvollen Platz?
4. Datenpools
Zu guter Letzt noch ein weiterer Gedanke. Gerade im Internet ist das Urheberrecht immer wieder ein Anlass zu großer Rechtsunsicherheit. Scharen an Anwaltskanzleien haben sich auf Abmahnungen kleiner Websitebetreiber spezialisiert, es gibt sogar explizite Fallen, wenn beispielsweise Graphiker lizenzierte Icons bewusst so platzieren, unbedachte Surfer, die sie in deren Präsenzen nutzen, verklagen zu können.
Ich würde mir ordentliche Datenpools wünschen, für Graphik, Musik, Literatur und vieles mehr, aus dem man sich ohne Bedenken für eigene Projekte bedienen kann, da man durch den Rundfunkbeitrag die Lizenzen dafür bereits getätigt hat. Es gibt reichlich Filmmaterial, es gibt Rundfunkorchester, eine schier unüberschaubare Masse an Content, den man frei für alle zugängig machen kann, sei es zur Gestaltung einer Seite oder zur Untermalung eines Videos, sowie sonstigen kreativen Ausdrucksformen.
Auf diese Weise, so möchte ich anregen, kann man öffentlich rechtliche Informationen einer breiten Masse zum Nutzen aller bereitstellen. Dabei würde Rechtssicherheit und eine breite Basis für viele Projekte geschaffen.