Jemand ist gestorben. Jemand, der nicht wenigen ein Vorbild war, ein Vorbild im Leben, im Glauben und in der Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod.
Er war ein frommer Mann. Eher introvertiert. Ein Gelehrter, ein Fürst der Kirche, noch vom alten Schlag wie ihm Freund und Feind zuschreiben. Er war ein Fels in der Brandung. Still und verlässlich, unübersehbar für jene, die sich an ihm aufrichten wollten oder sich an ihm gerieben haben.
Nun ist er also heimgegangen, ins Reich seines Herrgotts, zu den Seinen, die ihm vorangegangen sind und zum Leidwesen jener, die ihm noch folgen werden und die nun eine ihrer Stützen in diesen rauen Zeiten verloren haben.
De mortuis nihil nisi bene
Doch statt die Freunde und Angehörigen in ihrer Trauer zu stärken, oder sie doch zumindest ein wenig mit ihrem Schmerz allein und unter sich zu lassen, bricht ein neuer Geist aus dem Dickicht der seit Generationen verwahrlost wuchernden Weltanschauungen und religiösen Alternativen hervor: der Geist einer sich als säkular vorstellenden Misanthropie.
Es reicht nicht, dass um den Verlust eines bedeutenden Menschen getrauert wird, es muss zu- und nachgetreten werden. Natürlich immer unter dem rein wissenschaftlich klingenden Hinweis, dass man Toten ja nicht mehr schaden könne – doch um den Toten geht es nicht. Es sind die Hinterbliebenen auf die man abzielt.
Dabei geht es allerdings vermutlich um vorrangig zwei Aspekte.
Zum einen versteht man nicht, dass noch immer Tausende von Menschen die weite Reise nach Rom antreten um dem Requiem eines Mannes beizuwohnen, der sich vor Jahren aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte und an dessen zunehmender Bedeutungslosigkeit man seit undenklichen Zeiten schon gearbeitet hatte.
Zum anderen fürchtet man eine Legendenbildung, wie der Dogmatiker Michael Seewald auf einem der deuschen Bischofskonferenz nahestehenden Portal zitiert wird. Der Kampf über die Hoheit zur Interpretation des Werks Benedikt XVI überschattet die Trauer und die Möglichkeit einer persönlichen und tiefen Reflexion. Kirchenpolitik und Machtkalkül beherrscht die Akteure, die gerade in diesem Tun demonstrieren, wie fern sie sind, von allem Menschlichen, von einer echten Auseinandersetzung mir religiösen Themen, nicht zuletzt mit dem Mysterium des Todes selbst.
„Ausgewogene“ Berichterstattung im ZDF
Allen voran kämpft natürlich das Deutsche Fernsehn mit seiner zweiten Sendeanstalt für das richtige „Framing“. Das Recht zur Übertragung des Livestreams in der ZDF-Mediathek wurde schon im Vorfeld genutzt um die passenden Kommentatoren einzuladen, insbesondere Daniela Ordowski, die schon im Rahmen des „Synodalen Weges“ oder ihrer Beiträge für die TAZ mit Kritik an der Kirche aufgefallen ist. Ausgewogenheit der Berichterstattung war wohl nicht im Ansatz geplant.
Natürlich wurde der Stream von ihren Statements über Missbrauch und Sexualmoral sowie ihre persönlichen Probleme mit einer angeblich männerdominierten Kirche eingerahmt. Selbst die Einspieler die den Lebenslauf des Josef Ratzinger einem kirchlich unbedarften Publikum näher bringen sollten, die bestenfalls noch an das „Wir sind Papst2 der Bildzeitung vor einer gefühlten Ewigkeit im Hinterkopf behalten hatten, sparten nicht mit kritischen Tönen.
Was wird bleiben
Das Requiem war schlicht. So hatte es der verstorbene Papst angeblich gewollt. Sicher hätte man das klassiche Hochgebet nehmen können, doch vielleicht hat da die Zeit nicht ganz gereicht, wenn zehntausende Besucher zur Eucharistie gekommen sind. Dass der Verstorbene ein großer Freund lateinischer Liturgie und Texte war, braucht ihn auf seinem Begräbnis ja nicht mehr zu interessieren, doch feierlich aber war es; nicht zuletzt dank der musikalischen Untermalung.
Die Predigt war freundlich aber inhaltslos. Ein oberflächliches Lob, das sich einreiht in die zahlreichen Lippenbekenntnisse der Amtsträger, die natürlich etwas nettes sagen müssen, deren Hauptsorge es aber zu sein scheint, den aufkommenden Ruf nach einer Heiligsprechung abzufedern. Letztlich werden es die Taten sein, nicht die Worte, die das Gesagte historisch einordnen.
Dass die aktuelle Diskussion hauptsächlich um Themen kreist, wie eine Spesenabrechnung der 170 Mann starken Delegation, die mit dem bayerischen Ministerpräsidenten angereist ist oder ob man denn die Werke Ratzingers gelesen habe, wenn man ihn schon einen großen Theologen nennt, wird seinem Andenken nicht schaden. Das Geschwätz wird vergehen und bleiben werden eben jene Legenden, die man so aufwändig versucht zu unterbinden.
Er war seit langem wieder einmal ein deutscher Papst. Ein einfacher Gläubiger aus dem bayerischen Voralpenland mit Liebe zu seiner Heimat, der tief verwurzelten Volksfrömmigkeit und dem einfachen Gemüt eines Menschen, der weiss, um was es im Leben wirklich geht und der in all den menschlichen und verwahrlosten Strukturen unbeirrt seinen Weg bis an die Spitze gegangen ist und diese dann für ein Leben in Kontemplation einem Nachfolger abgegeben hatte, der sein Andenken noch zu Lebzeiten zu demontieren begann. Ein großes Vorbild im Glauben und in Bescheidenheit.