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Es ist die Erfahrung der Menschheitsgeschichte. Das Verhältnis von Herrschaft zu Untergebenen ist von Vorsicht und gegenseitigem Misstrauen geprägt, aus dem bestenfalls Respekt, so gut wie nie aber Zuneigung erwächst; und wo dies doch geschieht, ist Vorsicht in ganz besonderem Maße geboten.

Rangordnung als natürliches menschliches Gruppenverhalten

Wo Menschen aufeinandertreffen, entstehen Hierarchien. Jedes Mitglied einer Gruppe steht in einer Beziehung sowohl zur Gruppe selbst als auch zu jedem ihm bekannten Teilnehmer. Dabei spielt es keine Rolle, ob sich eine Gemeinschaft bewusst, z.B. um ein Thema herum gründet, oder ob sie passiv, aufgrund gemeinsamer Merkmale entsteht.

So entsteht bewusst oder unbewusst eine Ordnung, die unter verschiedenen Hinsichten auch differieren kann. Erfahrung, Stärke, Sympathie, Verwandt- oder Bekanntschaft sind nur einige Aspekte der Einordnung, die über Einfluss innerhalb der Gruppe entscheidet.

Von außen gesehen wirken Gruppen oft selbst wie grobgeschnitzte Personen, die mit eigenem Charisma, einer eigenen Dynamik und definiertem Ziel auftreten. Abhängig von der Anzahl und Potenz der Mitglieder sind das Machtfaktoren, die zur Durchsetzung von Ideen sowie dem Ausbau des persönlichen Ansehens jener zutragen, die eine Gruppe zu lenken wissen.

Die größte Macht verleihen wohl die Einwohner eines ganzen Landes bzw. eines taktisch klug abgesicherten Herrschaftsraumes. Neuerdings konkurrieren mit ihnen weltweit vernetzte Kundenstämme, viele Millionen Menschen, die sich einem Dienstleister zuordnen und die durch dessen Produkte und Geschäftspolitik gesteuert werden.

Der Versuch über Gruppen Macht auszuüben, sei es durch die Optimierung der eigenen internen Position oder durch externe Lenkung, gibt der Gruppe Struktur und Haltung, kann aber auch dazu führen, dass die Beteiligten passiv, vielleicht sogar gegen ihren Willen, für fremde Ziele eingespannt werden.

Erbadel: Machtsicherung und Unbestechlichkeit

Insbesondere bei Staaten stellt sich die Frage, wie man zu einem optimalen Herrschaftssystem gelangt. Ganz ohne Kontrolle fühlen sich schnell jene Kräfte berufen, das Machtvakuum zu füllen, die aufgrund ihrer Stärke in der Lage sind, einer schwach organisierten Gesellschaft den Stempel aufzudrücken.

Dagegen bedarf es einer Schutzmacht – einer Instanz, die für Sicherheit und Ordnung sorgt, um dem einzelnen Bürger die größtmögliche Freiheit zur Entfaltung zu garantieren. Eine derartige Institution benötigt Stabilität und Kontinuität, was sich mit dem Bedürfnis zum Machterhalt einer Regierung zu decken scheint.

In vielen Kulturen haben sich auf dieser Basis vererbbare Titel und Machtansprüche etabliert, die nicht immer zum Wohle der Bevölkerung gereicht haben. Die Idee, einen Thronfolger von Kindesbeinen an auf seine zukünftige Aufgabe als Herrscher vorzubereiten, ihn in seine verantwortungsvolle Position hineinwachsen zu lassen und ihn dabei materiell derart abzusichern, dass er es nicht nötig hat, nach der Vermehrung von Geld und Einfluss zu trachten, verbunden mit der elterlichen Perspektive, durch ihre Kinder mit eigenem Fleisch und Blut auch zukünftig die Geschicke des Landes lenken, hat sich immer wieder als unzureichend erwiesen.

So verkrustet ein stetig um sich selbst kreisendes Machtgefüge und wendet sich in ritueller Nabelschau mehr und mehr von den Bedürfnissen der Untergebenen und den daraus erwachsenen Pflichten ab. Es neigt zu wachsender Selbstüberhöhung und zersetzt sich in höfischen Intrigen und Machtspielen.

Das Volk wird in die Rolle des Steuerzahlers gedrängt, welches das mitunter kostspielige Treiben am Hofe zu finanzieren hat, selbst aber nicht nur keine Gegenleistung erhält, sondern nicht selten mit Macht ausgebeutet wird. Mit der Zeit wird so ein Aufstand bzw. Bürgerkrieg oder gar eine Eroberung von außen immer wahrscheinlicher, was für die Bevölkerung letztlich eher Leid und Sterben bedeutet, statt des erhofften Wohlstands und Schutz.

Staat und Religion

Ein klassisches Konzept, Fehlentwicklungen zu korrigieren, die sich in jeder Form der Herrschaft früher oder später zeigen, ist das Konzept der Doppelspitze. Zwei Gruppen unterschiedlicher Ausrichtung, die beide jedoch alle gesellschaftlichen Bereiche erfassen, können als fruchtbares gegenseitiges Korrektiv fungieren.

Den Überlieferungen nach hat es sich schon in frühen Stammeskulturen bewährt, dem weltlichen Herrscher einen geistlichen Konterpart gegenüberzustellen, sei es ein Druide, ein Schamane, Medizinmann oder eine anders gelagerte spirituelle Persönlichkeit.

Während der Souverän die säkulare Struktur verantwortet, die Verteidigung nach außen und die Einhaltung von Regeln nach innen, was das reibungslose Funktionieren der Gesellschaft zum Ziel hat, obliegt der geistlichen Instanz das seelische Wohl, vom sozialen Miteinander über die medizinische Versorgung bis hin zum Kontakt mit Übersinnlichem.

Auch wenn beide meist getrennt voneinander agieren, üben sie doch auf dieselbe Gruppe Einfluss aus und sind in der Lage, Fehler des anderen kraft ihrer eigenen Position frühzeitig zu erkennen und falls nötig auch anzugehen. So kann ein religiöser Führer dem übergriffigen Herrscher bei Gelegenheit mit göttlichen Konsequenzen drohen, andererseits kann ein Fürst aber auch die Geistlichkeit in Schranken verweisen.

In Europa haben wir über tausend Jahre das Beispiel des Kaisertums als weltliche Autorität im Verhältnis zu Papst und Kirche vor Augen. Die Exkommunikationen Heinrich IV durch Papst Gregor VII sowie der „Gang nach Canossa“ hat es bis heute in den Schatz deutscher Sprichwörter geschafft.

Problematisch für die Bevölkerung kann es aber auch hier werden, wenn sich weltliche und geistliche Instanz in einer Weise nähern, dass Ämter beider Hierarchien teils von denselben Personen bekleidet werden. Wo beide Gewalten zusammenspielen, ist eine Korrektur des anderen nicht mehr gegeben, was man am Beispiel von Staatskirchen gerade heute eindrucksvoll erleben kann.

Eigentum als Absicherung und Basis für Freiheit

Eine individuelle Art sich unabhängig zu machen und zumindest teilweise dem Zugriff eines übergriffigen Staatswesens zu entgehen, stellt der Erwerb von Eigentum dar. Wer über eigenes Land verfügt, hat dort Rechte, die der Pächter oder Mieter nicht erhält.

Natürlich ist dies in Deutschland heute nur noch sehr eingeschränkt möglich. Dennoch klingt ein Echo alter Freiheit mit, wenn Familien für sich ein Haus mit Grundstück erwerben, ihre „eigenen vier Wände“, auch wenn diese mit Grundsteuer und unzähligen Vorschriften des Staats und der Kommune belastet sind. Für den Traum, „sein eigener Herr zu sein“, niemandem für sein Tun und Lassen Rechenschaft schuldig zu sein, verschulden sich Menschen noch heute über Jahrzehnte, ohne diesen Widerspruch als problematisch zu empfinden.

Dem Interesse eines Staates, der die vollständige Kontrolle seiner Bürger anstrebt, laufen Eigentumsansprüche grundsätzlich zuwider. Jeder Besitz entzieht sich zumindest teilweise dem Zugriff. Wer Literatur im Regal stehen hat und nicht per Ebook abonniert, erhält keine aktualisierten und autorisierten Ausgaben. Wer über Wertsachen verfügt, ist in der Lage, Tauschgeschäfte am Staat vorbei zu tätigen und wer die Selbständigkeit dem Angestelltenverhältnis den Vorzug gibt, steht bald schon unter Generalverdacht der Steuerhinterziehung.

Das Verhältnis der Obrigkeit zum Eigentum der Bürger ist Indikator gelebter Freiheit eines Landes. Je offener die Gesellschaft, desto weniger greift sie in Persönlichkeitsrechte ein. Geht es einer Regierung aber vor allem um die Entfaltung eigener Macht und Kontrolle, dann steht die Vergesellschaftung von Eigentum zu aller erst auf der Agenda.

Demokratie: der Traum der Volksherrschaft

Nach der weitgehenden Abschaffung der Monarchie in Europa haben sich mittlerweile Demokratien fest etabliert. Die zugrundeliegende Idee ist es, auf eine Herrscherklasse völlig zu verzichten und Menschen aus dem Volk für eine bestimmte Zeit mit Regierungsaufgaben zu betrauen, die einer regelmäßigen Bestätigung im Amt durch turnusmäßige Wahlen bedürfen.

Als zusätzliche Absicherung gegen Korruption und Machtmissbrauch verfügen auch moderne Demokratien über interne Kontrollmechanismen wie das Amt eines Verfassungsschutzes und vor allem über eine Teilung der Gewalten, durch die der Gesetzgeber von der Gerichtsbarkeit getrennt ist und beide wiederum von den Strafverfolgungsbehörden.

Zur Durchsetzung politischer Ideen fungieren Parteien als Werkzeug, die für ein Gleichgewicht gegenläufiger populärer Interessen sorgen sollen und die vielen Partikularinteressen der einzelnen Wähler zu handlungsfähigen Konzepten bündeln.

Nach anfänglichen Schwierigkeiten und zwei Weltkriegen schien sich dieses Konzept auch in Deutschland bewährt zu haben. Die Menschen fühlten sich frei, die Wirtschaft prosperierte und vermehrt wurden Probleme wie Umweltschutz oder Hunger in der Welt erfolgreich angegangen. Die Demokratie als „beste aller Staatsformen“ wird mittlerweile in der dritten Generation als Selbstverständlichkeit angesehen und nach wie vor als Garant für eine stabile Wohlstandsgesellschaft. Sie ist das wichtigste Exportgut mit dem Europa und Nordamerika die Welt zu beglücken versuchen.

Bei genauerer Betrachtung kommt man allerdings nicht umhin, auch hier bereits die ersten Verfallserscheinungen zu bemerken. So steht der Verfassungsschutz mittlerweile deutlich auf Seite der Regierung, die er doch eigentlich zu kontrollieren hätte, auch zeigt sich im Bereich der Gewaltenteilung vermehrt, dass die notwendige Unabhängigkeit der Instanzen untereinander in weiten Teilen nicht gegeben ist. Parteien vertreten länger schon keine konkurrierenden Konzepte mehr, sondern bedienen ganz offensichtlich Seilschaften, durch die sich Menschen persönlich bereichern und gegenseitig wahlweise erpressen oder auf lukrative Posten erheben. Selbst die grundsätzliche Legitimation der Herrschenden durch freie und geheime Wahlen steht heute in der Kritik durch moderne Technik manipuliert und ganz offen durch politische Aktivisten korrumpiert zu sein.

Tyrannei der Idealisten

Das Wort, der Teufel trage eine Engelsgestalt, ist zwar alt und bekannt, aber tatsächlich halten wir uns meist für klug genug, seine Tarnung zu durchschauen. Wir denken, aufgrund unserer Menschenkenntnis leicht vom Auftreten auf den Charakter eines Menschen schließen zu können, sei es durch den Stil der Kleidung oder die Wahl der Worte. Das Böse, so denken wir intuitiv, würden wir bei einer Begegnung unmittelbar spüren.

Die Wirklichkeit aber sieht anders aus. Schöne Worte sind leicht dazu angetan, ganze Massen zu beeindrucken. Wer eloquent von hehren Zielen spricht, andere geschickt mit moralischen Forderungen disqualifiziert und sich als Wohltäter geriert, hat gerade in der Politik meist mehr Erfolg als jeder, der einfach nur seine Arbeit tut und dabei tatsächlich darauf achtet, am Abend auch in den Spiegel sehen zu können. Insbesondere Demokratien sind darum anfällig, durch die Wahl solcher Kandidaten ein Übel an die Macht zu befördern, welches bei rationaler Betrachtung leicht zu entlarven wäre.

Es sind gerade die Idealisten, die mit unerfüllbaren Vorgaben anderen letztlich ein Leid aufdrücken, dass sie selbst zu tragen weder willens noch in der Lage sind. Dabei verkaufen sie sich perfekt, sei es als Aktivist, Idealist oder einfach als Führungsfigur, die um andere zu bewegen, selbst aus den Forderungen herausgehoben ist und dies zudem als besondere Bürde darstellt, beispielsweise weil sie angeblich Tag und Nacht für die Untergebenen im Einsatz sei.

Der Gute, oder der, der von sich behauptet „Gut“ zu sein, ist dabei nicht rechenschaftspflichtig. Seine Aufgabe ist es, andere mit allen Mitteln auf den richtigen Weg zu bringen und dazu gehört natürlich auch, Kritik zu unterbinden. Hat jemand eine feste Überzeugung und die Macht, diese durchzudrücken, wird er alles unternehmen, damit jeder auf seinen Kurs einzuschwenken hat. Hier ist jedes Mittel recht, denn es geht ja um die gute Sache und in einer Demokratie hat er mit der passenden Strategie oft leichtes Spiel.

Gewaltenteilung, Kontrollinstanzen, Kompromisse und das Berücksichtigen alternativer Ansichten verbietet sich von dort her und wird eher als Zeichen der Schwäche gesehen. Je weiter man auf dieses Weise Macht ausübt und je stärker der Widerspruch wird, desto überzeugter ist der Gute von der Schlechtigkeit aller anderen. Eine Selbsthinterfragung käme dem gleich, was man im religiösen Umfeld eine Blasphemie nennt, denn letztlich wähnt sich derjenige, der im Besitz der richtigen Lehre für alle ist, durchaus an gottesähnlicher Position.

So entsteht aus einer Demokratie, deren ursprüngliches Anliegen ja die Umverteilung der Macht von einem Despoten auf das Volk war, wieder eine Tyrannei: ein Faschismus, wie man auch sagen könnte, der die Menschen mit Gewalt zum Guten zwingen will und aus dem es keinen Ausweg gibt, solange äußere Kräfte, seien sie aus der Natur, seitens der Unterdrückten oder tatsächlich durch einen externen Angriff aufgekommen, das System nicht zum Einsturz bringen.

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